Liebe im Herzen - Entschiedenheit in der Wahrheit

■ In meiner Jugendzeit in der Sowjetunion fiel mir mal in einer Buchhandlung ein Buch in die Hand, in welchem der Autor Argumente gegen den Glauben sammelte. Da wir aber als Gläubige damals leider kein Neues Testament zur Verfügung haben konnten, schaute ich in jenes Buch hinein - in der Hoffnung, dort nämlich ein paar Zitate aus einem der Evangelien zu finden.
So fand ich dann beim Überfliegen des Buches tatsächlich ein Zitat aus dem Matthäus-Evangelium, in welchem Jesus von der Scheidung der Geister spricht: "Glaubt nicht, Ich sei gekommen, Frieden auf Erden zu bringen. Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn Ich bin gekommen, den Sohn mit seinem Vater zu entzweien, die Tochter mit ihrer Mutter, die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. So werden des Menschen Feinde seine eigenen Hausgenossen." (Mt 10,34-36) Der atheistische Autor konstruierte dann daraus ein Argument in seinem Sinne, dass das Christentum halt sehr aggressiv und kriegerisch sei und den Menschen nur Streit und Unfrieden bringe.
Nun, jeder, der sich wenigstens einigermaßen im christlich-katholischen Glauben auskennt, spürt bzw. weiß, dass man den christlichen Glauben so auf keinen Fall darstellen darf, weil er derart nämlich eine gewaltige Verzerrung der christlichen Grundaussage darstellt. Es ist ja gerade zunächst die Versöhnung des Menschen mit Gott und dann ebenso die Aussöhnung der Menschen untereinander - die Gottes- und Nächstenliebe! -, die im Vordergrund der christlichen Glaubensaussage stehen. Gott ist in diese Welt gekommen, hat das Menschsein angenommen, hat an unserer Statt am Kreuz gelitten und ist für unsere Sünden gestorben!
Auf diese Weise hat Er Sühne, die Wiedergutmachung für unsere Schuld vor Gott, gewirkt und uns die überreichen Gnaden der Erlösung geschenkt. Wir als Gläubige und Jünger Christi sind befähigt worden, im neuen und übernatürlichen Leben Gott zu lieben. Daraus leitet sich dann aber auch das göttliche Gebot der Nächstenliebe ab. Der Apostel Johannes, der Lieblingsjünger Jesu, fasst diesen Sachverhalt in folgende Worte zusammen: "Geliebte, lasst uns einander lieben. Denn die Liebe stammt von Gott. Wer Liebe hat, hat sein Leben aus Gott und erkennt Gott. Wer keine Liebe hat, kennt Gott nicht. Gott ist ja die Liebe." (1 Joh 4,7f.)
Und sogar auch seinen Feinden soll ein Christ Gutes tun und für sie beten! Wenn wir so handeln, lieben wir die Feinde und entsprechen dem Gebot Jesu: "Denn wenn ihr nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn werdet ihr haben? Tun das nicht auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Freunde grüßt, was tut ihr da Besonderes? Tun das gleiche nicht auch die Heiden? Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!" (Mt 5,44-48)
Eine bestimmte Empfindung bzw. Willenshaltung ist dabei einem Christen kategorisch untersagt: der Hass! Unter keinen Umständen und mit keiner für menschliche Ohren vielleicht noch so plausibel klingenden Begründung darf ein Jünger Jesu Hass oder eine grundsätzliche Ablehnung eines anderen Menschen empfinden! "Wer sagt, er sei im Licht, hasst aber dabei seinen Bruder, der ist noch immer in der Finsternis. Wer seinen Bruder liebt, bleibt im Licht und nimmt keinen Anstoß. Wer dagegen seinen Bruder hasst, ist in der Finsternis und wandelt im Dunkel." (1 Joh 2,9-11)
Entsprechend dürfen auch keine rachsüchtige Gedanken unser Herz beflecken und von Gott entfernen. So schließt sich dem logisch auch die Forderung nach unserer Friedfertigkeit an; das heißt, wir sollen in dem Umfang, wie es von uns selbst abhängt, aktiv den Frieden mit allen unseren Mitmenschen suchen: "Vergeltet niemand Böses mit Bösem. Seid auf das Gute bedacht, nicht allein vor Gott, sondern auch vor allem Menschen. Soweit es möglich ist und auf euch ankommt, lebt mit allen Menschen in Frieden. ... ‘Wenn deinen Feind hungert, gib ihm vielmehr zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Dadurch sammelst du glühende Kohlen auf sein Haupt.' Lass dich also nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse durch das Gute." (Röm 12,17-21)
Wenn man also angesichts dieser Aussagen mit Äußerungen konfrontiert wird, das Christentum sei aggressiv und feindselig und bringe seiner Grundkonzeption nach den Menschen nur Streit, Zwietracht und Krieg, erkennt man sofort, dass dem auf keinen Fall so ist. Irgendwo muss also der betreffende Behauptende etwas falsch verstanden haben ...oder er verzerrt die christliche Grundbotschaft bewusst und absichtlich, was jener sowjetische Atheist wohl tatsächlich getan hat.
■ Nun steht aber im Evangelium dennoch jenes oben zitierte Wort vom Schwert, welches Jesus bringt, und von der Entzweiung in der Familie. Es ist ja authentisch - niemand von uns will es als tatsächlich aus dem Mund Jesu gesprochen anzweifeln. Warum formuliert denn Jesus jene Worte so, dass sie nicht leicht zu verstehen sind und manche Menschen sehr wohl durcheinander bringen können?
Nun, Jesus hat die Aussöhnung des Menschen mit Gott gepredigt und dafür seinerseits den höchsten Einsatz erbracht - Sein eigenes Leben! Aber Er hat nirgendwo gesagt, dass jeder Mensch immer nur guten Willens ist und diese rettende Hand Gottes tatsächlich zu jeder Zeit und in jeder Situation seines irdischen Lebens annehmen und sich somit in die treue Jüngerschaft Jesu begeben werde. Der Mensch ist an sich frei in seiner Willensbildung und soll somit durch eine freie Willensentscheidung Gott bejahen.
Und leider haben sogar auch am Beispiel Jesu Christi selbst bei weitem nicht alle und immer die ausgestreckte heilende und rettende Hand der Gnade Gottes sozusagen angenommen. Die menschliche Natur ist ja seit dem Sündenfall angeschlagen und auch in ihren intellektuellen Fähigkeiten begrenzt. Damit können auch oft genug anzutreffende Fälle von misslichen Missverständnissen im Prozess der Rezeption, des Verstehens und der Verinnerlichung der Worte, Handlungen und Intentionen eines anderen Menschen erklärt werden. Mit einem solchen bedauernswerten Phänomen ist übrigens auch Jesus konfrontiert worden.
Davon abgesehen ist aber auch noch die echte Bosheit in der Menschheit anzutreffen. Wenn nämlich jemand zwar ganz genau den guten Willen und die ehrliche Absicht eines anderen Menschen erkennt, aber ihm dann dennoch mit bösen Intentionen begegnet! In solchen Fällen geht es um keine eventuellen Missverständnisse oder Mängel der menschlichen Natur (mehr), die der Mensch etwa nicht ganz unter Kontrolle hat und denen er dann immer wieder zum Opfer fällt. Es sei da z.B. an die große Hitzigkeit oder leichte Erregbarkeit des Naturell eines Menschen gedacht. Nein, da hat man es mit einem voll bewussten und somit absichtlichen bösen Willen zu tun - keine etwaigen Milderungsgründe mehr vorhanden, man trägt zu 100% die Verantwortung und Schuld dafür!
Und sogar auch im Falle Jesu, des Mensch gewordenen Gottes, gab es Fälle, in welchen sich Menschen in betreffender Art voll bewusst gegen Ihn gestellt haben! So lassen z.B. die an Deutlichkeit und legitimer Heftigkeit nichts übriglassenden Weherufe Jesu über die Schriftgelehrten und Pharisäer erkennen, dass in ihrem Fall wohl eine solche Bosheit anzunehmen war. Man berücksichtige dabei die in diesem Zusammenhang gesprochenen düsteren, aber klaren Worte Jesu: "Jerusalem, Jerusalem! Du mordest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft wollte Ich deine Kinder sammeln, wie eine Henne ihre Küchlein unter die Flügel sammelt; aber ihr habt es nicht gewollt! Nun wird euer Haus euch verödet überlassen." (Mt 23,37f.)
Wir sehen, dass sogar auch die Botschaft Jesu Christi Widerspruch und gehässige Reaktion darauf hervorgerufen hat! Wohl drang der moralische Imperativ Gottes in jedem Fall zu den betreffenden Menschen durch, aber sie haben sich dann dennoch voll wissentlich dagegen gesperrt bzw. aktiv-aggressiv gegen Jesus positioniert. Und dann spielt es keine entscheidende Rolle mehr, ob diese Haltung etwa wegen der Bequemlichkeit verursacht wurde, nicht den eigenen sündhaften Lebensstil aufgeben zu wollen; oder ob man wegen der “weltlichen Sorge und des trügerischen Reichtums” die Stimme Gottes in der Stimme des eigenen Gewissens zum Schweigen bringen wollte (vgl. Mt 13,22); oder ob man sich durch den starken Reiz der Macht hat verführen lassen. In jedem dieser Fälle hat sich der betreffende Personenkreis über die Gleichgültigkeit und Indifferenz hinaus sogar aktiv am Prozess des Rufmords und der Vernichtung Jesu Christi beteiligt - eben mit Hass im Herzen!
Jesus wusste ganz genau, dass in der Zukunft auch Seine Jünger mit einer ähnlichen Feindschaft werden vorlieb nehmen müssen, dass auch sie einer entsprechenden Verfolgung ausgesetzt sein werden: "Der Jünger steht nicht über dem Meister und der Knecht nicht über seinem Herrn. Der Jünger muss zufrieden sein, wenn es ihm geht wie seinem Meister, und der Knecht, wenn es ihm geht wie seinem Herrn. Hat man den Hausherrn Beelzebub geschmäht, um wie viel mehr seine Hausgenossen" (Mt 10,24f.). Und indem Er Seine Apostel eindringlich ermahnt: "Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir nicht nachfolgt, ist meiner nicht wert. Wer sein Leben gewinnt, wird es verlieren; und wer sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen" (Mt 10,38f.), macht Er ihnen klar, dass ihnen dann womöglich auch seitens ihrer eigenen und allerengsten Familienangehörigen ein starker Gegenwind ins Gesicht stürmen wird. Sie sollen also unter Umständen auch damit rechnen, sich gegebenenfalls auch darauf einstellen!
Also ist bei weitem nicht der Inhalt der christlichen Glaubensbotschaft als solcher ursächlich für jenes von Ihm erwähnte und natürlich im übertragenen Sinn zu verstehende "Schwert" verantwortlich, sondern der Unwille der Menschen, die Wahrheit Jesu Christi, des göttlichen Erlösers, anzunehmen bzw. ihr im eigenen Leben entscheidende Priorität einzuräumen. Wenn dann im Lauf der Geschichte in nicht wenigen Fällen etwa tatsächlich wegen grundsätzlicher christlich-katholischer Glaubensfragen eine Spaltung innerhalb einer Familie entstehen sollte, so dass traurigerweise der "Sohn mit seinem Vater", "die Tochter mit ihrer Mutter, die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter" "entzweit" würden, dann kann man dem katholischen Glauben als solchen doch genauso wenig die Schuld dafür geben, wie man z.B. auch nicht das weltlichen Zivil- oder Strafrecht als solches dafür verantwortlich machen kann, dass in einer Familie Streit entsteht, weil eines der Familienangehörigen sogar hochgradig kriminell wird. Das wäre doch absurd - man würde Ursache und Wirkung verwechseln bzw. den Bock zum Gärtner machen!
■ Als Jesus sich jenen starken und letztendlich sowohl Seine weitestgehende Diskreditierung im Volk als auch die totale physische Vernichtung beabsichtigenden Anfeindungen gegenüber ausgesetzt sah, hat Er dann in dieser Situation zwei entscheidende Sachen gemacht, die in der Folge auch für uns alle den Rang eines göttlichen Gebotes einnehmen (müssen). Erstens hat Er auch trotz dieser eindeutigen Feindschaft Ihm gegenüber und des Wissens um die entsprechenden furchtbaren Konsequenzen für Ihn selbst nicht aufgehört, die göttliche Wahrheit im vollen Umfang zu verkünden: "Ja, Ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass Ich für die Wahrheit Zeugnis gebe" (Joh 18,37).
Heute würde man wohl sagen, man brauche in einer solchen "Konfliktsituation" eine Art Schlichtung und Kompromiss - zwischen Ihm auf der einen und der politisch-religiösen Führungsschicht des damaligen Israel auf der anderen Seite. Nun, auf vielen anderen, eben etwas tiefer liegenden Ebenen mag das nicht nur stimmen, sondern sogar meistens dringend erforderlich sein. Jesus hat auch selbst oft genug zur Nachsicht mit den Fehlern und Unzulänglichkeiten anderer bzw. zu unserer Vergebungsbereitschaft aufgerufen bzw. an unsere Versöhnungsbereitschaft appelliert.
Im konkreten Fall ging es aber bei Ihm um die allerhöchste Ebene - um die Ebene der Prinzipien nämlich, womit sozusagen die sogenannte göttliche Stufe berührt wird, die wesentlich über die sittliche Grundeinstellung bzw. prinzipielle Ausrichtung eines Menschen und seines Schicksals entscheidet. Und da regte Er mitnichten irgendeine Art von "Schlichtung" an und lehnte sogar kategorisch eine jegliche Art von Kompromissen ab - weil es zwischen Licht und Finsternis, zwischen Wahrheit und Lüge als solchen nie einen Kompromiss geben kann! Wer aber dennoch versuchen sollte, einen solchen zu erreichen, spielt mit Gott bzw. lehnt Ihn in der letzten Konsequenz sogar ab.
Was mit den Versuchungen Jesu in der Wüste durch den Teufel begann, setzte sich auch in Seinen sämtlichen Auseinandersetzungen mit den Hohenpriestern, Schriftgelehrten, Pharisäern und einer jeglicher Art von Machthabern fort - die Wahrheit Gottes durfte an sich auf keinen Fall relativiert oder verdunkelt werden! Seine Grundforderung an die Menschen blieb auch in solchen Fällen unverändert und unerschütterlich: "Bekehret euch (Mt 4,17)!
Zweitens hat Er aber auch nicht zugelassen, dass Feindseligkeit oder Hass irgendwie Raum in Seinem Herzen fänden! Auch wenn Er mit den Schriftgelehrten und Pharisäern Klartext gesprochen hat (vgl. Mt 23), hat Er nie die sprichwörtliche rote Linie überschritten und sich etwa eine Regung der sittlichen Schlechtigkeit, geschweige denn des Hasses "genehmigt". Während Seines sowohl in physischer als auch in geistiger Hinsicht äußerst schmerzvollen Leidens und Sterbens am Kreuz kam kein einziges böses Wort über Seine Lippen!
Während Er im Garten Gethsemani gefangengenommen wurde und somit auch für alle Apostel der Verrat des Judas offenbar wurde, tritt Er souverän auf und spricht den letzteren mit "Freund" an (Mt 26,50). Den Petrus, der Jesus da noch verteidigen wollte und dem Diener des Hohenpriesters das Ohr abschlug, rief Er zur Räson und befahl ihm, das Schwert wegzustecken (Mt 26,51-54). Weder die Verlogenheit der falschen Zeugen noch die geheuchelte Gerechtigkeit des Gerichtshandlung Jesu hat aus Ihm irgendein gekränktes Wort herausgelockt. Etwa auch keine böse Bemerkung bei der Verleugnung Petri oder der Flucht aller anderen Apostel. Und so weiter.
Im Gegenteil, Er tröstete sogar die weinenden Frauen und lenkte in Seiner geistigen Überlegenheit ihre Aufmerksamkeit eher auf ihre geistige Bedürftigkeit hin: "Ihr Töchter von Jerusalem, weint nicht über Mich, weint vielmehr über euch selbst und über eure Kinder" (Lk 23,28). Und während der Kreuzigung betete Jesus sogar für Seine Peiniger: "Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!" (Lk 23,34) Welchen gewaltigen Eindruck dieses Verhalten Jesu auf so manches irregeführte Schaf machte, erkennt man aus den Worten des Evangelisten: "Als der Hauptmann sah, was geschehen war, pries er Gott und sagte: ‘Wirklich, dieser Mann war gerecht!' Alles Volk, das diesem Schauspiel beiwohnte und die Vorgänge gesehen hatte, schlug sich an die Brust und kehrte heim" (Lk 23,47f.).
Also hielt sich Jesus auch in Bezug auf Seine menschliche Natur unter Kontrolle. Er zeigte zwar eine völlig uneingeschränkte Entschiedenheit in Seiner Haltung zur Wahrheit, aber dennoch gleichzeitig nichts als Liebe und echtes Mitgefühl im eigenen Herzen, auch und gerade mit dem in geistig-übernatürlicher Hinsicht elenden Zustand jenen Menschen, die Ihm Böses wollten!
■ Der Missionsauftrag Jesu Christi, in alle Welt hinauszugehen und insofern "alle Völker zu Jüngern" zu machen, dass sie alles zu halten gelehrt bekommen, "was Ich euch geboten habe" (Mt 28,19f.), gilt selbstverständlich auch heute für einen jeden katholischen Christen. Ob das nun zunächst unbedingt der eigene fromme Lebenswandel und die gewissenhafte Erfüllung der Gebote Gottes ist; ob man einem in welcher Glaubens- oder sittlicher Hinsicht auch immer fehlgeleiteten Menschen "nur" im richtigen Augenblick ein richtiges Hinweiswort sagt oder sich zeitig einer sich eventuell plötzlich in irgendeine falsche Richtung (Alkoholismus, Fluchen) entwickelnden Menschengruppe entzieht - alles, womit wir uns verbal oder durch Taten zum Glauben und den rechten Sitten bekennen, kann für andere Menschen in unserer heutigen sich der Religion und des eventuellen eigenen Glaubens schämenden Gesellschaft bisweilen sogar sehr viel bedeuten! Manchmal ist auch schon viel getan in dieser Hinsicht, wenn man den Mut aufbringt, etwa auch in der Öffentlichkeit das Tischgebet zu verrichten oder übel tratschende Personen darauf hinzuweisen, sie sollten da etwas zurückhaltender sein, weil sie ja wohl kaum alle erforderlichen Informationen bezüglich ihrer jeweiligen "Zungen-Opfer" besässen.
Auch wenn es heute als sehr angebracht und somit weise erscheint, in der Regel eine jegliche Aufdringlichkeit tunlichst zu unterlassen, so gilt dennoch auch für uns alle von der klaren Tendenz und Intention her die Ermahnung des Apostels Paulus an Timotheus: "Verkündige das Wort! Tritt dafür ein, sei es gelegen oder ungelegen. Überführe, weise zurecht und ermahne mit aller Geduld und allem Geschick" (2 Tim 4,2).
Und wundern wir doch bitte nicht, wenn wir da Widerspruch ernten oder uns sogar ein rauer Wind entgegen wehen wird! "Denn es kommt die Zeit, da man die gesunde Lehre unerträglich findet und sich nach eigenem Sinn Lehrer über Lehrer sucht, um sich einen Ohrenschmaus zu verschaffen. Der Wahrheit verschließt man das Ohr und ergötzt sich an Fabeln. Du aber bleib in allem besonnen. Trage die Leiden. Vollzieh die Aufgabe als Verkünder der Heilsbotschaft. Versieh voll und ganz deinen Dienst!" (2 Tim 4,3).
Vielleicht geht dann auch quer durch unsere Familie eine gewisse Spaltung wegen des Glaubens und der guten Sitten und wir erfahren jenes schmerzhafte "Schwert" der "Entzweiung" im nächsten Umfeld. Machen wir dann nicht den großen und für uns vielleicht sogar schicksalhaften Fehler, solche faulen Kompromisse mit etwa der Irrlehre, Sünde oder dem Zeitgeist einzugehen, die die göttliche Wahrheit substantiell verdunkeln und relativieren. Denn dann setzen wir ja unseren größten geistigen Schatz im Leben aufs Spiel - Gott, den heiligen katholischen Glauben und das reine Gewissen - und verlieren ihn! Denn wollte man in einer solchen Situation etwa nur seine Ruhe haben, verliert man Gott - das Beispiel der sich dem verderblichen kirchlichen Modernismus und dem Zeitgeist zugewandten "Konzilskirche" und nicht weniger Gläubigen, die da entsprechende faule Kompromisse mit dieser häretischen und in der Zwischenzeit sogar schon apostasierenden Religionsgemeinschaft eingehen, kann uns gut als Warnung dienen!
Wenn wir uns aber auf jenen unseren geistigen Schatz besinnen, werden wir dieselbe beseligende Erfahrung machen dürfen, welche den Aposteln gewährt wurde: "Dann riefen sie die Apostel herein, ließen sie geißeln und verboten ihnen, im Namen Jesu zu reden. Darauf ließ man sie frei. Diese aber gingen voll Freude vom Hohen Rat hinweg, weil sie würdig befunden waren, um des Namens Jesu willen Schmach zu leiden. Sie hörten nicht auf, Tag für Tag im Tempel und in den Häusern zu lehren und die frohe Botschaft von Jesus als dem Messias zu verkünden." (Apg 5,40-42). Die Tiefe und Stärke unserer Gottesbeziehung können und werden nur zunehmen, wenn wir bereit sind, mit Ihm die Schmach des Kreuzes zu teilen!
Diesen geistigen Dazugewinn an innerem Reichtum kann man aber auch sofort wieder wesentlich mindern bis verlieren, sollten wir uns dann etwa der Unzufriedenheit und dem Frust wegen der betreffenden nachteiligen Situation bzw. dem übermäßigen Selbstmitleid hingeben. Oder man gibt der Versuchung nach, nach außen hin in ungesunder Weise zu jammern und zu klagen über die erlittenen Nachteile, bzw. man lässt sich sogar hinreißen, Unrecht mit (irgendeiner anderen Art von) Unrecht zu "vergelten" oder üble Nachrede zu betreiben. Nein, unsere billige Rachsucht welcher Art auch immer widerstreitet eindeutig Gott und wirft uns in geistiger Hinsicht um Lichtjahre zurück!
Lernen wir von Jesus, den eigenen Peinigern wenigstens sozusagen in der Hoffnung zu verzeihen und mit ihnen wegen des von ihnen verübten Unrechts eigentlich sogar Mitleid zu empfinden! Das heißt bei weitem nicht, ihr Unrecht zu relativieren oder sogar gutzuheißen. Nein, eigentlich erst durch unser geduldiges und in Demut und Bescheidenheit getragenes Kreuz können wir Gott ein aufrichtiges Opfer darbringen und in Verbindung mit unserem Gebet gerade auch für jene Sünder einen zwar sehr kleinen, aber dennoch echten Teil an jener Sühne leisten, die auf der einen Seite die Welt rettet und den Menschen die heiligmachende Gnade Gottes vermittelt, auf der anderen Seite aber auch uns selbst einen solchen geistigen Tiefgang ermöglicht, welcher nur im Kreuztragen mit Jesus erlitten werden kann!
Haben ja auch viele Heiligen mit entsprechender Gesinnung im Herzen auch das im Dienste Gottes bzw. beim treuen und unerschütterlichen Bekenntnis der Wahrheit Jesu Christi erlittene Unrecht aufgeopfert und Segen für die Menschen erfleht. Und auch die Märtyrer sind nie im Hass auf ihre Peiniger in den Tod für Christus gegangen, sondern gerade mit jener inneren Freude und jenem tiefen Frieden der Seele, welchen uns Jesus versprochen hat: "Frieden hinterlasse Ich euch, meinen Frieden gebe Ich euch. Nicht wie die Welt ihn gibt, gebe Ich ihn euch. Euer Herz bange nicht und zage nicht!" (Joh 14,27)

P. Eugen Rissling

 

 

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